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Videodauer:
01:55:22
Interviewer:
Ekkehard Schönwiese/Cornelia Verdross
Kamera:
Ekkehard Schönwiese
Copyright Ort:
Innsbruck
Aufnahmedatum:
2011-09-14
Epoche:
1943
Transkription:
Nach der Erstürmung des Jebel Mansour habe ich mir gedacht. Ich sehe nichts vom Lande, immer in der Nacht marschieren, jetzt will ich etwas sehen. Gut, mein Pferd entsattelt, Decke darüber, und habe mehr oder weniger dem Pferd freien Lauf gelassen. Da war so ein Pfad am Waldrand, da sind wir so getrottet durch die Gegend, es ist Mittagszeit geworden. Zeit habe ich gehabt, ich habe mich aber nicht abgemeldet. Also, es wäre schon Desertion gewesen, an sich im Wesentlichen, und wie ich so - ich habe auf die Uhr auch nicht geschaut - nach einer Zeit - es muss ziemlich lang gewesen sein - mir die Gegend angeschaut habe, später habe ich sie mir oft angeschaut, aber ich wußte nicht, dass ich sie noch je sehen werde - da komme ich zu einer Steinhütte. Also, ganz etwas Primitives. Es waren Steine aufgemauert zur Strasse, zum Weg sagen wir besser, ein doppeltes Tor, so dürftig in Holz, es waren dünne Holzlamellen, aber doppelt. Kein Boden, nur Lehm, gestampft. Darauf sind rings um eine Feuerstelle sind Matten gelegen, Strohmatten, geflochtene Strohmatten, und in der Mitte ein Holzkohlenfeuer. Darauf ein Dreibein mit einer Stahlplatte, aufgeschweißte Füße, ganz primitiv, und die Metallplatte ziemlich groß. .. Das war die Feuerstelle. Einige Leute sind herausen gestanden, haben sich da aufgehalten, haben gegrüßt, und ich habe mein "Salem aleikum" heruntergelassen. Da haben sie mich eingeladen, ich soll hineinkommen in das Haus. Ich habe Vertrauen gehabt. Ich habe mir gedacht, ich habe meine Stielhandgranate im Gürtel stecken gehabt, wenn sie dreinschlagen, um mich in die Luft zu sprengen. Das war nur eine kriegerische Note, aber natürlich auch das Seitengewehr, das Bajonett. Gut, ich habe aber sonst keine Schusswaffe gehabt. Damals hatte ich noch nicht den Halbautomaten. Da hätte ich elf Schuss drinnen gehabt. Gut. Die bieten mir also Platz an. Hinter mir die Türe, auch blöd. Hätte ich mich auf der Seite hingesetzt .. aber gleich .. damals bin ich noch gerne gesessen am Boden. Dann ist die Frau des Hauses an der Feuerstelle gewesen. Die hat so ein Hafele, wie bei uns ein Milchhafele, so eineinhalb Liter bis zwei und hat da einen Brei drinnen gehabt. Dann hat sie auf einmal begonnen, diesen Brei auf eine Platte aufzugießen, so fingerdick. Und sieh da Thimotheus, das wird ein Brot. Es ist ein Fladenbrot geworden. Wunderschön, und hat gerochen, ach! Ein Geruch! Irgendjemand hat mir da ein Gefäß, ein primitives Gefäß nicht glasiert, sondern nur gebrannt, hingestellt, und ich habe gedacht, ist es unhöflich, wenn ich da .. dachte ich mir, was machen die? Und wie dieses Brot gebacken war, hat die Frau des Hauses - ich habe gesehen, da sind am Bord ein einziges Teller und einige Schalen gewesen. Da wollte sie mir den Teller geben. Da habe ich gesagt, nein danke. Ich mache es so, wie ihr alle da. Da nahm sie das Brot, brach es, das war ein Erlebnis sondergleichen. Wenn ich nicht gesessen wäre, ich wäre in die Knie gegangen, mit dem Ungläubigen in ihren Augen gibt die gläubige - Islam - , gibt das Brot des Lebens und das Brot zum Überleben, mir. Denn es war der dritte Tage, den ich schon nichts zu essen hatte. Und es war gut, dass ich gesessen bin, denn für mich war es eine Eucharistiefeier.