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Transkription:
Jetzt - Anschluss 1938. Wie haben Sie den wahrgenommen? Wie haben Ihre Eltern da reagiert? Was war in der Schule? Was ist in der Schule gesagt worden? Ja, wie der Anschluss war, das war eine Riesenaufregung. Das weiß ich noch gut. Und eben das ist - ja, jeder ist eben entsetzt gewesen - auf der einen Seite, erfreut die anderen. Meine Eltern waren - ja, eher - mein Vater hat eben gesagt, er ist ein österreichischer Beamter und er hat damit nicht viel am Hut. Ich kann jetzt - aus den Erzählungen meines Mannes weiß ich, dass er und seine Freunde begeistert waren, weil eben wirklich die Jugend damals ganz unter schlechten Bedingungen leben musste, nicht. Dass sie keine Arbeit gehabt haben und - und draußen, sie haben gesehen, draußen in Deutschland geht es ihnen gut, jeder hat Arbeit, und es geht aufwärts. Und bei uns hat .. alles stagniert. Und das hat die jungen Leut natürlich schon nachdenklich gemacht. Und darum ist es ja ach so leicht gegangen, nicht, dass eben alle dafür waren. Das will man heute oft wirklich nicht mehr wahrhaben, aber es war schon so. Ich kann mich an diese ersten Aufmärsche in der Stadt drinnen erinnern. Das war ja ein - ja, wie gesagt, die Straßen voll und nur "Heil Hitler" geschrieen und Begeisterung bis zum Geht-nicht-mehr. Kann man sagen, es ist etwas in der Luft gelegen, wie - Ja, das war fällig einfach - so irgendwie, nicht. Ich meine, diese Dinge gehen ja nicht von heut auf morgen, nicht. Die entwickeln sich ja im Laufe der Zeit. Und da hat sich in Deutschland viel getan, nicht, von 1933 bis 1938 waren es immerhin schon fünf Jahre, dass sie regiert haben. Und da hat man gesehen, jeder hat Arbeit, jeder kann verdienen, nicht, und es geht ihnen gut. Und .. es ist ein Riesenaufschwung gewesen. Dass das alles auf einen Krieg hin zielt, nicht, das ist den Leuten - ja, es wird ihnen schon bewusst worden sein, aber das hat man eben beiseite geschoben. Und ich weiß, also alle Freunde meines Mannes und die da .. in den Jahren waren, wo sie .. etwas tun wollten und was leisten wollten oder studieren wollten und so - und das ist eben dann auf einmal alles gegangen. Und vorher nicht. Und das war schon ein Anreiz natürlich. Haben Sie darüber erfahren? Bei der Abstimmung ist es ja nicht ganz freiwillig offenbar zugegangen, was man weiß. Es haben ja - ich weiß nicht, wieviel Prozent - 98 oder so für Deutschland gestimmt, und man weiß - Jaja - jaja. Naja, das war - da war schon ein Druck da, nicht. Das ist, ich glaube, dass man einfach gesagt hat - auch mein Vater hat gsagt, jaja, sagen wir eben ja. Nit, aber - aber man hätte eben dann - wie soll ich denn sagen? - die weiteren Konsequenzen wären eben Parteibeitritt und solche Dinge. Und da hat es sich dann schon eher etwas gespießt. Aber der Großteil der Bevölkerung - also die jedenfalls, die dagegen waren, haben sich sehr ruhig verhalten. Das muss man schon sagen. Und das hat die Bevölkerung, meine ich - oder die Wahrnehmung der Bevölkerung schon sehr verändert, weil es jetzt plötzlich Befürworter und die vielleicht sich nicht eindeutig deklariert haben - oder Befürworter, die sich deklariert haben, und solche, die dagegen waren, die sich weniger deklariert haben. Jaja, die haben sich natürlich zurückgehalten, weil jeder natürlich Angst gehabt hat, dass er - das hat man ja schon gewusst, nicht, dass es da sehr - dass sie da wenig Verständnis dafür haben und sie gleich einsperren oder irgendetwas oder - tun. Das war schon bewusst. Oh ja, das haben sie schon nicht, das war ja dann schon mit den Juden, die dann auf einmal sehr schnell von der Bildfläche verschwunden sind. Man hat natürlich nur unter vorgehaltener Hand geflüstert, was mit dem oder der ist, nicht. Da sind zum Beispiel eben die Konzentrationslager Dachau und so weiter, davon hat man schon gewusst. Aber man hat dann - gutgläubig wie man ist - eben gemeint, jaja, das werden schon solche sein, die wirklich was am Kerbholz haben. Und man hat sich da .. ich glaube, schon gern vor sich selber ein bisschen in Sicherheit gewiegt, nicht. Aber ich muss ganz ehrlich sagen, ich war da einfach noch zu jung, um den - wie soll ich denn sagen? - die ganze Tragik des Ganzen einfach zu verstehen. Nicht, 1938 war ich eben 13 Jahr alt, nicht. Da ist man .. noch naiv und unerfahren und - ich weiß eben nur von meinem Vater, der auch natürlich eine gewisse eine gewisse - wie soll ich denn sagen? - Sorge gehabt hat, wenn er sich .. zu laut äußert, .. da verliert er sei Arbeit. Und das hat er auch nicht wollen- und hat eben - ist eben so still geblieben, wie es nur möglich war, und eben sein Spruch, er ist Beamter und braucht keine Partei. Und ist aber auch nicht mehr drum herumgekommen, dann später eben der NS-Volkswohlfahrt zumindest beizutreten, damit er sagen kann: "Ja, ich bin ja da dabei." Da war schon Druck da.