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Oswald Perktold

Nachkriegsimpressionen
Interviewer:
Ruth deutschmann
Kamera:
Benjamin Epp
Copyright Ort:
Pettneu
Aufnahmedatum:
2008-08-08
übersetzt ins Englische von:
Sylvia Manning - Baumgartner
übersetzt ins Italienische von:
Nicole D´Incecco
Epoche:
1947
Transkription:
Es war schon - ja, und dann, in der Nachkriegszeit, wie ich das erste Mal nach Innsbruck gekommen bin und diese zerstörten Gebäude gesehen habe, das hat mich sehr beeindruckt. Und die große Scham . eine große Scham, die ich auch schriftlich festgehalten habe. Man muss sich selber am ärgsten misstrauen. Ich habe mir da einen Spruch aufgeschrieben, also „trau mir“ - aber meine Mutter war arm, ich hatte da vorne drei Zähne und einer war verdreht und ich musste nach Innsbruck. Hat die arme Mama mit mir fahren müssen und hat eh kein Geld gehabt. Den Zahn richten. Und dann habe ich in einem Schaufenster eine Armbrust gesehen und habe diese Armbrust gesehen und das wäre halt alles gewesen. Weil ich immer in den Wäldern unterwegs war. Ah, da habe ich mich schon gesehen mit - und die Mama - Ausdruck, alter Ausdruck: tribuliert - tribuliert, geplagt, sie soll mir diese Armbrust kaufen. Die hatte da keinen Schilling mehr im Sack. Und später bin ich draufgekommen, oje, die Arme. Oder die kleine grüne Gießkanne. Mein Vater - ich habe ein Stück Garten zugeteilt bekommen. Und da habe ich meine Sachen gepflanzt und habe können selbst bewirtschaften. Und mein Vater war sehr geschickt. Der hat Messergriffe, HJ-Säbel hat er - habe ich heute noch auf der Bergwiese ? hat er natürlich den Griff, den verräterischen, wegtan und hat einen Holzgriff drangemacht. Und da hat er mir aus einer Konservendose- im Nachkriegs- hat der Vater einmal gesagt, habe ich noch im Ohr: "Na, heint tiama ins a Dose Vegetables off." Vegetables. Oder Cornedbeef. Das habe ich da kennen gelernt, diese Dosennahrung. Und da hat er mir einen kleinen Eimer gemacht. Mit Henkel und allem. Bestens zum Gießen. Und dann wollte ich partout eine Gießkanne. Und eines Tages hat mir der Vater eine grüne Gießkanne mitbracht. Und da habe ich mir den Preis gemerkt. Und später bin ich daraufgekommen, dass der Vater für dieses schludrig zusammengelötete Ding und getaucht in grüne Farbe zwei Tage in der Fabrik arbeiten hat müssen. Da ist mir als junger Mensch aufgegangen: "Da stimmt was nicht!" Da stimmt etwas nicht. Da wird mein Vater ausgebeutet. Also nicht in der Diktion, aber irgendwie hat da mein kritisches - war das schon ein Grunderlebnis für mein sozialkritisches Denken, Beobachten und Verhalten. Das sind so winzige Dinge. Jeder Mensch hat die, ist ja klar.