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Ingeborg Brüll

Das lass ich mir nicht gefallen!
Videodauer:
02:04
Interviewer:
Ruth Deutschmann
Kamera:
Benjamin Epp
Copyright Ort:
Innsbruck
Aufnahmedatum:
2008-08-21
Transkription:
Und dann hat die Mutter .. sie ist unten gewesen .. und wollte für den Vater sozusagen - für ihn bitten, dass sie ihm nichts antun.. Mein Vater ist inzwischen hinunter gekommen, das hat sie aber nicht gewusst. Da war so ein junger Kerl, der wollte .. Der hat meinen Vater so gegen die Wand gestossen. Da hat Vater zu schreien angefangen: "Rühren Sie mich nicht an!", hat er gesagt, "ich bin Frontoffizier, das lass ich mir nicht gefallen!" Er hat so geschrieen, dass sie nur so geschaut haben und auf einmal war die Mutter unten und hört den Vater schreien, stellen Sie sich das vor! Und dann hat er - ja der Vater hat geschrieen. Und das weiß ich, das hat er selbst erzählt - zu jedem haben sie gesagt, so irgendwie: "Judenschwein, komm herein" - wie eben jeder .. aber dann zum Vater haben sie gesagt: "Bitte, Herr Brüll, kommen Sie herein." Er hat sich nichts gefallen lassen. Und auch am Tag zuvor, wie sie zusammen waren hat er gesagt: "Sie sind doch kein Pascha, wie können Sie da die Leute in der Nacht anrufen!" Also Vater - er hat dann etwas gesagt damals, wie sie angerufen haben - das habe ich vergessen zu sagen: "Meinetwegen führen Sie mich nach Dachau!" Mutter ist daneben gestanden, hat gezittert und hat dieses Bild in der Hand gehabt - da, wo Vater vom Nahkampf zurückgekommen ist - hat Mutter gesagt: "Ja", sagt sie: "Mein Vater, mein Mann war doch Frontoffizier - bei den Reitern, bei den Tiroler Kaiserschützen, er hat doch nichts getan. Wie können Sie so etwas machen?" Er war überhaupt kein frommer Jude, mein Vater. Er ist sogar getauft worden - im Stephansdom, viel, viel später, er hat - er hat sich dem Judentum - er ist nie in eine Synagoge gegangen - Die ganze Familie war - wie sagt man? - assimi - wie? Assimiliert. Assimiliert. Sie waren - das waren sie schon so, aber - aber - sagen wir, sie waren nicht fromm.