[VideoView]

Dipl.-Vw. Dr. Ludwig Steiner

Geh zur SS und dein Vater geht frei
Interviewer:
Ruth Deutschmann
Kamera:
Benjamin Epp
Copyright Ort:
Wien
Aufnahmedatum:
2008-04-29
übersetzt ins Englische von:
Sylvia Manning - Baumgartner
übersetzt ins Italienische von:
Nicole D´Incecco
Epoche:
1939
Transkription:
Ich gehe zurück zu Ihrem Vater. Wann wurde er angezeigt? Ja, er wurde angezeigt, einmal das erste Muster ist: Auslandssender hören und reden gegen das Regime, und so weiter. Gut, es ist richtig, dass er mit seiner Meinung nicht gerade hinter den Berg gehalten hat, das ist ganz klar. Aber ich meine, wie man feststellt, was er im Radio hört, das war unerfindlich, und so weiter. Und für mich war das ja so - wie er dann im KZ war - dass man, bei dem vierten Verhör bei der Gestapo, das ich gehabt habe zum vierten Mal - immer vom Unterricht weg zum Verhör, und dann nach zwei, drei Stunden zurück in die Klasse, ist so das Übelste, was einem passieren kann. Natürlich, sie haben einen schon so behandelt, dass man die Spuren der Behandlung nicht gesehen hat. Das schon. Aber sonst ist alles, was man sich vorstellen kann, immer wieder versucht worden. Und dann, so geschockt in die Klasse zu kommen, ist arg. Aber das Ärgste war: Beim vierten Mal hat der Verhörer gesagt: "Ja, wenn du da unterschreibst und zur Waffen-SS gehst, kommt dein Vater frei." Natürlich war das eine bittere Sache. Ich habe das Schicksal sozusagen des Vaters in der Hand, und ich lehne ab - geholfen hat mir dabei, dass ich zur SS nicht gehen wollte. Das ist sowieso klar. Aber, die Entscheidung war gegen meinen Vater, das war mir schon bewusst. Und ich bin nachher in die Schule - in die Klasse gekommen, und habe herumgeschaut, wahrscheinlich. Und plötzlich ruft mich der Professor auf und fragt, was er gesagt hat. Keine Ahnung, was er gesagt hat. Ja, halt eine Eintragung ins Klassenbuch bekommen dafür. Aber das Ärgste war nicht das, sondern ich muss meiner Mutter sagen, wie das war. Was sage ich der Mutter, die gehofft hat, dass ihr Mann heraus kommt. Und ich musste ihr das sagen. Nur, sie hat dann gesagt: "Du, bittschön, das ist großartig, dein Vater hätte es nicht anders wollen." Das ist eine Leistung. Nicht? Und daher muss ich sagen, das ist nur möglich in einem Elternhaus, das den Namen verdient - dass man sowas erlebt. Und das muss man halt haben. Und andere haben vielleicht diese - diese Rückhaltposition nicht gehabt, nicht. Daher, da habe ich .. ich bin ja bestrebt, nicht zu sagen, wie gut ich war, sondern ich muss sagen, meine ganze Umgebung - die Ursache ist: mein Elternhaus, die katholische Jugendbewegung und so weiter, die meine Formation beeinflusst haben. Und natürlich die Grundsätze, die ma halt daheim also gelernt hat. Ist keine Frage. Also, insofern ist das nicht persönlich ein Verdienst.